Internationale Zusammenarbeit zwischen der Gambia-Solidarität Osnabrück und zwei Projekten in Westafrika, der GAPD (Organisation körperbehinderter Menschen in Gambia) und der afrikanischen NGO „Our Farm Society“
Nach der
Gründung der Gambia-Solidarität Anfang 2003 kann eine positive Bilanz gezogen
werden. Durch öffentliche Aktivitäten, Radio- und Pressearbeit sowie der
Einrichtung einer Gambia-Solidarität-Website des Vereins Avanti! e.V. konnte in
Osnabrück großes Interesse an der Arbeit der Initiative geweckt werden. Im
Vordergrund steht die internationale Kooperation mit zwei gambischen NGO`s
(Nichtregierungsorganisationen), der GAPD (Selbstorganisation körperbehinderter
Menschen in Gambia) und dem Selbsthilfeprojekt "Our Farm Society", die u.a. die
finanzielle Unterstützung von Kindern aus sehr armen Familien bei der
Schulausbildung für uns vor Ort umsetzen. Der enge Kontakt zu diesen beiden
lokalen Organisationen ist so wichtig, weil dadurch auf bestehende Strukturen
zurückgegriffen werden kann, und wir ein verlässliches Feedback über die
Aktivitäten bekommen. Ohne zuverlässige Partnerorganisation ist eine
internationale Zusammenarbeit wegen der weitverbreiteten Korruption sehr
schwierig.
Auf unsere Spendenaufrufe reagierten viele OsnabrückerInnen, Reha-Firmen stifteten Rollstühle und die Kita-Wüste spendete schon zum 2. Mal den Erlös ihres Weihnachtsbasars an die Gambia-Solidarität.
Bei weiteren Besuchen eines Mitglieds der Initiative in Gambia im Januar/Februar 2004
(7 Wochen) und im Januar 2005 (3,5 Wochen) konnte der Kontakt mit beiden NGO`s intensiviert werden und ein guter Einblick in die derzeit laufenden Projekte gewonnen werden. So arbeitete der Gast aus Deutschland in der Rollstuhlwerkstatt der GAPD mit den beiden körperbehinderten Orthopädiemechanikern Ebrima Kofe und Momodou Savage zusammen.
Mit den Spendengeldern aus Osnabrück werden seit 2 Jahren die Arbeitsplätze der körperbehinderten Mitarbeiter der Rollstuhlwerkstatt, Ebrima Bojang und Momodou Savage, bezuschusst. Die Rollstuhlwerkstatt in Banjul hat eine sehr wichtige soziale Funktion für diese Region Westafrikas, da nur hier Rollstühle und Gehhilfen kostenlos repariert werden.
Die BesucherInnen kommen manchmal sogar aus Senegal, Mali oder Burkina Faso angereist. Die Freude der behinderten Menschen der Rollstuhlwerkstatt ist schwer zu beschreiben, die meisten von ihnen hätten keinerlei Alternativen, da sie weder Reparaturen noch Ersatzteile aus eigener Tasche bezahlen könnten. Das Fachwissen von Mr. Savage, der 3 Jahre in Tansania in der Orthopädie- und Rollstuhlmechanik ausgebildet worden ist, und von Ebrima Bojang, der schon seit über 10 Jahren in der Werkstatt arbeitet, ist beeindruckend.
Diese Arbeit gibt beiden auch eine persönliche Würde und erfüllt sie mit Stolz, denn sie sind sich sehr bewusst wie wichtig dieses Projekt ist.
Mit dem Lohnzuschuss möchte die Gambia-Solidarität Osnabrück besonders den großartigen persönlichen Beitrag dieser beiden körperbehinderten Mitarbeiter der GAPD anerkennen.
Im Februar 2004 kam ein von der Gambia-Solidarität finanzierter Transport mit orthopädischen Hilfsmitteln von Osnabrücker Reha-Firmen, im Hafen von Banjul an, mitgeliefert war wichtiges Material, das in Gambia nur schwer erhältlich ist.
Neben der
Rollstuhlwerkstatt organisiert die GAPD spezielle Elternberatungsprogramme, v.a.
in den abgelegenen Provinzen, dort will die GAPD die Communities für die Belange
behinderter Menschen sensibilisieren und den Angehörigen Therapiemöglichkeiten
zugänglich machen. Außerdem setzt sich die GAPD sehr engagiert dafür ein, dass
behinderte Kinder zur Schule gehen können. Eine Sonderschule wird immer wieder
politisch gefordert, z.Z. wird mit internationalen Hilfsorganisationen die
Realisierung diskutiert. Seit langem gibt es die Kooperation mit einer dänischen
Organisation, die Pateneltern für behinderte Kinder vermittelt. Ein weiteres
wichtiges Projekt ist eine von der GAPD organisierte 3jährige
Qualifizierungsmaßnahme für körperbehinderte Frauen in einer professionellen
Schneider- und Batikwerkstatt, um ihnen die Möglichkeit zu schaffen, nach dem
Abschluß einen kleinen Business aufzubauen, und damit Alternativen zum Betteln
auf der Straße zu bekommen.
Afrika auf dem Weg zur Selbsthilfe / Nurseryschool eines Basisprojekts sucht internationalen Austausch
Der Vorschulkindergarten des Dorfprojekts „Our Farm Society“ in Foni Bajana sucht für einen internationalen Austausch Kontakt zu Kindergärten, Schulen oder Hochschulen.
Die „Our Farm Society“ ist ein positives Beispiel, wie eine afrikanische NGO versucht unabhängig von staatlichen Entwicklungsgeldern die soziale Situation ihres Dorfes zu verbessern.
1992 gründeten junge GambierInnen die „Our Farm Society“, mit dem Ziel die Lebensbedingungen der Landbevölkerung zu verbessern und eine Alternative zu schaffen - gegen die Landflucht in afrikanische Städte oder ins Ausland. Viele junge Menschen aus Gambia wollen damals wie heute nach Europa oder USA immigrieren, um der sozialen Not zu entkommen. Diesem wollten und wollen die GründerInnen des „Our Farm“ Projektes etwas entgegensetzen. Nach intensiver Analyse der sozio-ökonomischen Situation und Recherche der Alltagsbedürfnisse definierte "Our Farm" ihre Arbeit als einen Beitrag zur Unterstützung der ländlichen Communities mit dem Schwerpunkt der Mobilisierung lokaler Kapazitäten, ausgehend von dem reichen Wissen und den Ressourcen der afrikanischen Völker.
Im
Vordergrund der politischen Arbeit stand die Sensibilisierung für die Situation
und die Rechte der Frauen (Gender) und die Bildung eines kollektiven Bewußtseins
für den Schutz der tropischen Umwelt. Dadurch sollen Strukturen in den Dörfern
geschaffen werden, die es den Menschen ermöglichen, die eigenen Bedürfnisse und
Chancen zu erkennen, um selbständig Lösungsmöglichkeiten zu formulieren und
umzusetzen. Als Beispiel sei hier die Einführung des Kleinkreditwesens – „Susu“
– genannt. In den Gemeinden schließen sich Frauen zu Kreditgruppen zusammen, um
Haushaltsgegenstände zu kaufen, die sie sich sonst nicht anschaffen könnten. Das
ist besonders für die Frauen auf dem Land wichtig, sie hätten keine Alternative
an größere Geldsummen zu kommen. In Darsilami, Brikama, gibt es seit vier
Jahren eine Frauenkreditgruppe, in der 45% der Frauen der Region organisiert
sind.
In Bajana, einem abgelegenem Dorf, weit entfernt von jeglicher Infrastruktur, wie Transportmöglichkeiten, Kindergärten, Schulen oder Krankenhäusern wurde nach den Meetings mit den Dorfbewohnern und deren Zustimmung das erste Basisprojekt von "Our Farm Society" realisiert.
"Our Farm Society" ließ sich 1992 als gemeinnütziger Verein registrieren, und beantragte im selben Jahr beim Village Development Comitee in Bajana Farmland. Gemeinsam bewirtschafteten DorfbewohnerInnen und Volunteers von "Our Farm" dieses Land, um von den Erträgen dringend notwendige soziale Projekte im Dorf zu finanzieren. Besonders wichtig fand es die Dorfgemeinschaft, einen eigenen Vorschulkindergarten zu haben, in dem die Kinder aus Bajana von 8°°-17°° betreut und unterrichtet werden sollten. Der integrative Ansatz im pädagogischen Konzept wurde betont, einer der Lehrer ist selbst körperbehindert. Die Vorschule wurde mit großem persönlichen Engagement der Dorfgemeinschaft und AktivistInnen von „Our Farm“ zwischen 1992 – 1995 gebaut.
In dieser Zeit organisierte sich auch die Nanpora Frauengruppe (Nanpora ist Jola und bedeutet Einheit), ihre erste Aktion war die Herstellung von Seife, um diese in den Dörfern zu einem günstigeren Preis als üblich zu verkaufen. Von den Gewinnen wurden Nahrungsmittel für das Schulessen gekauft. Mit einem sehr wichtigen Beitrag unterstützten die Nanpora-Frauen den Bau der Schule in dem sie sich um die Wasserversorgung kümmerten, dass aus dörflichen Brunnen herangeschleppt werden musste. Bis heute organisiert diese Frauengruppe das Mittagessen für die Kinder, LehrerInnen und die Erzieherin. „Our Farm Society“ möchte jetzt ein kleines Zentrum als Koordinationstelle aufbauen, dies wäre eine wichtige Fortführung des seit 1992 dauernden Projektes, intensiv wird auch z.Z. überlegt wie ein kleines Gesundheitszentrum finanziert werden könnte, in der ganzen Region gibt es kein Krankenhaus oder Health Center.
Neben der kollektiven Farmarbeit versuchen die AktivistInnen von „Our Farm“ zusammen mit den Menschen aus Bajana basisdemokratische Strukturen zu verwirklichen, die auf Solidarität und Teilen basieren. Internationale Hilfe wurde zunächst 1995 aus dem europäischen Entwicklungsfond für den Bau der Schule beantragt, bis heute erhält die Schule Nahrungsmittel vom World Food Programe (WFP). Ansonsten achtet „Our Farm“ strikt darauf unabhängig vom Staat oder den politischen Parteien zu bleiben.
Die "Our Farm Society" ist ein ermutigendes Beispiel für die Verwirklichung von sozialer Arbeit, das die große Solidarität und Menschlichkeit der westafrikanischen Gesellschaften widerspiegelt. Besonders beeindruckend ist der ausdrücklich internationalistische Grundgedanke der "Our Farm" Idee, ihre Vision ist eine starke globale Community, basierend auf gerechter Verteilung ihrer Ressourcen, mit dem Bewußtsein ihre Umwelt zu schützen und die Rechte aller Mitglieder zu respektieren. Um es mit den Worten der FreundInnen von „Our Farm“ auszudrücken, „die eigenen Entwicklungsbedürfnisse im globalen Kontext zu sehen und die `Welt als Unsere` zu betrachten“. Dem zufolge erstaunt es nicht, dass „Our Farm“ in naher Zukunft im benachbarten Südsenegal ein ähnliches Projekt anbahnen möchte.
In Gambia findet z.Z.ein politischer Transformationsprozess statt, weil die Ölfelder, die vor ca.11 Jahren vor der Küste entdeckt wurden, demnächst gefördert werden sollen. Dabei wird allerdings von der Opposition befürchtet, dass die zu erwartenden Gewinne nicht der Bevölkerung zugute kommen, sondern zwischen den Ölmultis und der herrschenden Klasse
aufgeteilt wird. Viele der afrikanischen StrandbarbesitzerInnen, die bis zur Saison 2002 neben den großen Hotels, z.T. sehr beliebte kleine Restaurants betrieben, wurden vertrieben. Gleichzeitig fällt eine große Militärpräsenz durch Soldaten der Präsidentengarde direkt am Strand auf. Der gesamte Küstenstreifen ist zu Staatseigentum erklärt worden.
Somit wird Einheimischen völlig die Möglichkeit verwehrt am Tourismusgeschäft zu partizipieren.
Traditionell
wird in Gambia mit brachliegendem Land, das nicht in Privatbesitz ist, so
verfahren, dass Menschen, die einen Garten oder kleinen Acker anlegen möchten
die zuständige Gemeinde fragen können, ob sie das Land nutzen können, dann
bekommen sie die Erlaubnis zur Nutzung, müssen aber für ihre Erträge Steuern
zahlen. Dieses gewohnte
Verfahren ist am Küstenstreifen aufgehoben worden, weil aufgrund der in naher Zukunft zu erwartenden Aufnahme der Ölförderung ein großer Spekulationsboom begonnen hat. Schon jetzt sind die Landpreise in der Combo-Area (Küstenregion) enorm gestiegen, und somit für den Großteil der gambischen BürgerInnen unerschwinglich geworden. Nicht jedoch für die vielen westlichen Ausländer, die schon sehr viel Land im Combo aufgekauft haben. Leidtragende sind nun die afrikanischen BetreiberInnen der kleinen Strandbars und die dort beschäftigten KellnerInnen, KöchInnen oder Fischer, von deren Verdienst in vielen Fällen eine ganze Familie abhängt. Es gibt ständig Preissteigerungen v.a. bei den Grundnahrungsmitteln. Die Inflation des Dalassi ist rasant, wobei die Löhne seit Jahren auf demselben (schlechten) Niveau von etwa 20,--40,- Euro mtl. bleiben.
Die Volkswirtschaft des Landes liegt am Boden, ein Großteil Bevölkerung überlebt auf extrem niedrigen Entwicklungsniveau durch Subsistenzwirtschaft, die geprägt ist durch soziale Solidarität, und Handel in jeglicher Form; Taxi- und Transportunternehmen, lokale Märkte, Herstellung von handwerklichen Produkten durch Familien, Kleinstbetriebe wie Nähereien, Tischlereien, Schmieden, Mühlen, und Schweißerei-Werktstätten usw. Die staatlichen Einrichtungen wie bspw. Krankenhäuser, Schulen oder das Busunternehmen, sind sehr schlecht ausgestattet. Das öffentliche Leben ist völlig dereguliert, und Bereiche wie Transport oder Gesundheitsversorgung, Bildung sind weitestgehend privatisiert, es gibt täglich Probleme in der Wasser- und Stromversorgung auch in den Städten, in einigen Provinzen gibt es gar keine Elektrizität.
Das Haupteinkommen der Staatskasse besteht aufgrund fehlender Produktivität aus einem ausgefeilten Steuersystem. Jede/r BürgerIn muß zahlreiche Steuern bezahlen, ob für kleinere Geschäfte, z.B. Sammeltaxifahrer, fliegende Händler oder Marktfrauen, für Haus- und Landbesitz, selbst für kleinste Parzellen, oder für jeden noch so kleinen Ernteertrag aus der Landwirtschaft. Damit ist wie sich jede/r gut vorstellen kann der Korruption Tür und Tor geöffnet.
Da Gambia zu den ärmsten Ländern der Welt gehört ist die UNO auch mit dem World Food Programe (WFP) vor Ort.
WFP hilft im Bildungsbereich und in der Landwirtschaft, bspw. werden 302 ausgesuchte Schulen mit ca. 127.000 SchülerInnen mit Reis, Soja, Öl und Zucker versorgt, um jedem Schulkind ein Frühstück und ein Mittagessen zu garantieren. Dies drückt sehr deutlich die soziale Not der Bevölkerung aus, wenn man berücksichtigt, dass es nur ca.1.3 Mill. Einwohner gibt und auf diese Bevölkerungszahl allein 127.000 SchülerInnen kommen, die Hilfe zur Ernährung benötigen.
Das WFP organisiert ein weiteres Programm, das "Food for Goods and Asset", hierbei können arme Gemeinden Grundnahrungsmittel beantragen, wenn sie z.B. Straßen oder Brunnen in Gemeinschaftsarbeit bauen.